Auf zu neuen Ufern!

Ein neues Fachgebiet, eine neue Sprachkombination, eine neue Facette Ihrer Angebotspalette: damit Sie Ihr Wissen erfolgreich vermarkten können, empfiehlt es sich, die Nachfrage zu ermitteln. Wenn Sie einen Business Plan erstellt haben, brauchen Sie ihn nur zu ergänzen. Sie können die Nachfrage für Ihr neues Angebot auch separat ermitteln. Zunächst werden folgende Faktoren bestimmt:

  • Ihre Dienstleistung – beschreiben Sie sie in 3 – 5 kurzen Sätzen
  • Die Vorteile Ihrer Dienstleistung für Ihre Kunden – beschreiben Sie sie
  • Das Alleinstellungsmerkmal Ihrer Dienstleistung – das, was Ihrem Kunden wichtig ist
  • Ihr Zielmarkt – wo sind die Kunden für Ihr neues Angebot?
  • Die Zielgruppe/n – die Branche, Position Ihrer Kunden, Privatkunden oder Unternehmen
  • Der Preis Ihrer Dienstleistung – Prohibitiv– und Reservationspreis sind nicht zu unterschätzen
  • Die Kauffrequenz Ihrer Dienstleistung – wie häufig Ihre Kunden Ihre Dienstleistung benötigen

Ihr Alleinstellungsmerkmal oder Ihre „Unique Selling Proposition” ist das Merkmal, durch das sich Ihre Dienstleistung deutlich von der des Wettbewerbs abhebt. Es muss begründbar und nachvollziehbar sein, soll sich an der Zielgruppe orientieren und gleichzeitig wirtschaftlich sein. Ein Alleinstellungsmerkmal ist ein Nutzungsversprechen in Bezug auf Preis, Zeit und Qualität.

Der Prohibitivpreis Ihrer Dienstleistung ist der Preis, bei dem die Nachfrage für Ihre Dienstleistung auf Null sinkt. Der Prohibitivpreis ist nicht von einer bestimmten Höhe abhängig, es ist durchaus möglich, dass 5 €/Produkteinheit bezahlt werden und bei 3 € für dieselbe Produkteinheit keine Nachfrage mehr vorhanden ist. Es lohnt sich, den Prohibitivpreis genauer zu betrachten.

Der Reservationspreis oder Vorbehaltspreis ist der Preis, bei dem sich ein Kunde oder Verbraucher nicht entschließen kann, die angebotene Dienstleistung zu beauftragen oder das Produkt zu kaufen. Das kann eine Vielzahl Ursachen haben, die nicht zwingend mit der Höhe des Preises in Verbindung stehen müssen. In diesem Fall muss das Gesamtbild betrachtet werden.

Und nicht zuletzt das Betriebsminimum, das Sie niemals unterschreiten sollten: Dahinter verbirgt sich die Mindesthöhe Ihrer variablen Kosten. Wenn der „Herstellungspreis” Ihrer Dienstleistung dieses Minimum unterschreitet, arbeiten Sie mit Verlust.

Diese Variablen bestimmen Sie während Ihrer Kalkulation, aus der sich Ihr individueller Preis ergibt.

Die Kauffrequenz Ihrer Dienstleistung ist die durchschnittliche Nutzung des Angebots in einem bestimmten Zeitraum. Zumeist wird ein Kalendermonat zugrunde gelegt, es kann auch ein Quartal, Halbjahr, ein Jahr oder jeder andere geeignete Zeitraum sein.

Die Bestimmung der Zielgruppe ist etwas aufwändiger. Zunächst legen Sie die zu Ihrem Angebot passenden Kriterien für Ihre zukünftigen Kunden fest. Im folgenden Beispiel geht es um die Zielgruppe „Stammkunden”, die aus der Gruppe „Angestellte in der Beispielbranche” anhand folgender Kriterien ermittelt werden soll:

  • Angestellte aus der Beispielbranche, die in der Innenstadt arbeiten (80.000)
  • Davon verdienen (30.000) mehr als 4.000 Euro/Monat
  • Davon sind (10.000) am Beispielangebot interessiert
  • Davon nutzen (5.000) bereits vergleichbare Angebote im Umkreis

Die Zielgruppe „Stammkunden” besteht also aus maximal 10.000 Angestellten aus der Beispielbranche, 10 % davon, also 1.000, können in den kommenden zwei Jahren realistisch als tatsächliche „Stammkunden” gewonnen werden. Konservativ gerechnet besteht die Zielgruppe aus maximal 5.000 Angestellten aus der Beispielbranche, also 500 potenziellen „Stammkunden”.

Mit der so ermittelten Größe Ihrer Zielgruppe (die „Stammkunden” im obigen Beispiel) können Sie jetzt das Umsatzpotenzial für diese Zielgruppe ermitteln. Die Formel dafür ist ganz einfach zu berechnen:

Anzahl Kunden × Kauffrequenz × Preis/Einheit = Umsatzpotenzial

Wobei                  die Anzahl Kunden der ermittelten Zielgruppe (1.000) entspricht

                               die Kauffrequenz die realistische Anzahl Beauftragungen/Zeitraum ist

Daraus ergibt sich folgende Beispielrechnung:

1000 × 4 × 1,50 € = € 6.000

Mit anderen Worten: Mit der Zielgruppe „Stammkunden”, die das Angebot viermal pro Zeitraum zum Preis von € 1,50 pro Einheit nutzt, können € 6.000 Umsatz pro Zeitraum erzielt werden.

Da die alle mit Übersetzungen verbundenen Dienstleistungen in Bezug auf Aufwand und Preisstellung (Wort, Zeile, Stunde, Pauschale…) voneinander abweichen, empfiehlt es sich, einen Durchschnittspreis für die Variable „Preis pro Einheit” zu bestimmen. Diesen Durchschnittspreis können Sie entweder anhand vergleichbarer, von Ihnen bereits erbrachter Dienstleistungen ermitteln, oder Sie analysieren die Anzahl der realistisch pro Zeitraum zu bearbeitenden Texte aus dem neuen Fachgebiet oder in der neuen Sprache und ermitteln daraus Ihren Durchschnittspreis.

Dann sieht Ihre Formel für beispielsweise 5 neue Kunden mit 8 Beauftragungen der Textsorte A zum durchschnittlichen Preis von € 150 im Monat so aus:

5 (Kunden) × 8 (Textsorte A) × € 150 (Durchschnittspreis) = € 6.000 Umsatzpotenzial

An dieser Stelle wissen Sie, wie groß Ihre neue Zielgruppe ist, wie viele Mitglieder dieser Zielgruppe Sie wahrscheinlich als Kunden gewinnen können und wie hoch der potenzielle Umsatz mit diesen Kunden ist. Akquirieren Sie, wenn das Ergebnis erfolgversprechend ist, wenn Sie Ihr Betriebsminimum nicht erreichen, könnten Sie zum Beispiel Ihre Möglichkeiten auf einem neuen Zielmarkt analysieren. Eine Marktanalyse kann Sie dabei unterstützen.


Marktanalysen setzen sich in der Regel aus fünf Teilbereichen zusammen, die nach Bedarf untergliedert werden:

Beschreibung des Zielmarkts

Mit der Beschreibung des Zielmarkts wird der Zielmarkt abgegrenzt. Hier kommen beispielsweise Ihre Sprachkombination, Ihre Fachgebiete, Ihr Angebot in jeder für Sie denk- und machbaren Kombination ins Spiel. Das Ergebnis ist Ihr Angebot für den neuen Zielmarkt. Außerdem wird der Zielmarkt in Segmente mit mindestens einer gleichen Eigenschaft aufgeteilt, diese Eigenschaft ist beispielsweise Ihre Sprachkombination oder/und ein bestimmtes Fachgebiet oder ein Bedarf.

Analyse der Marktgröße und Marktentwicklung

Hier greifen Sie auf öffentlich zugängliche Statistiken, Geschäftsberichte und Pressemitteilungen, Blogs und Testberichte der Produkte/Dienstleistungen Ihrer Wunschkunden im Zielmarkt zu und sammeln die darin enthaltenen Informationen. Sie erfahren nicht nur, wie groß der Marktanteil Ihrer Wunschkunden ist (Statistiken, Geschäftsberichte), Sie lernen auch die für das Produkte geplante Strategie (Geschäftsberichte, Pressemitteilungen) und die Produkte/die Dienstleistungen selbst (Produktvorstellungen, Blogs etc.) Ihrer Wunschkunden kennen. Aus diesen Informationen können Sie unter anderem ableiten, im welchem Zeitraum welcher Bedarf an Sprachdienstleistungen im Zusammenhang mit diesem Produkt besteht (Markteinführung, neues Zubehör, Messeauftritt, Kunden Ihrer Kunden…).

Wettbewerbsanalyse

Auf Ihrem neuen Zielmarkt sind Sie zunächst einer unter vielen. Es empfiehlt sich daher, einen Blick auf den auf dem Zielmarkt bereits etablierten Wettbewerb zu werfen. Bestimmen Sie die Sprachdienstleister auf Ihrem neuen Zielmarkt und arbeiten Sie die Key Player unter diesen Sprachendienstleistern heraus. Lassen Sie die auf diesem Markt agierenden Agenturen außer Acht, Sie brauchen vergleichbare Größen, um zu realistischen Einschätzungen zu gelangen. Die Stärke Ihres Wettbewerbs ist unter Umständen eine Markteintrittsbarriere, die Sie mit einer gezielten Strategie überwinden können.

Analyse der Branchen Ihrer potenziellen Kunden

Nutzen Sie alle Ihnen zur Verfügung stehenden Informationsquellen, um die für Sie interessanten Branchen mit dem größten Anteil am Gesamtvolumen des Zielmarkts zu bestimmen. Im Tourismusbereich kann das beispielsweise die Hotellerie und Gastronomie sein, aber auch Reiseveranstalter etc. Analysieren Sie deren Struktur und Attraktivität anhand von Absatzkriterien; überlegen Sie, ob eine bestimmte Zielgruppe auf dem Zielmarkt ein bestimmtes Angebot kaufen würde, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt wären, das heißt Ihre Dienstleistung in Anspruch genommen würde und beispielsweise die Webseite in Ihrer Zielsprache abrufbar wäre. Da Sie die Kultur des Ziellands kennen, können Sie diesen Teil Ihrer Analyse eventuell auch als Grundlage für die Beratung Ihres Kunden nutzen.

Analyse des Potenzials des Zielmarkts

Mit dieser Analyse verschaffen Sie sich einen Überblick über zukünftige Entwicklungen, Trends, potenzielle Wettbewerber, Markteintrittsbarrieren und Erfolgsfaktoren in Ihren Zielbranchen auf dem Zielmarkt. Informationen dazu finden Sie unter anderem in entsprechenden Publikationen von Verbänden, Wettbewerbern, in der allgemeinen und in der Fachpresse.

Leider gelingt es nicht immer, einen neuen Zielmarkt zu erobern und Marktanteile zu sichern. Ein Faktor sind die sogenannten Markteintrittsbarrieren. Diese Barrieren sind so individuell wie das Unternehmen, das einen neuen Markt erschließen möchte, eines ist ihnen jedoch gemeinsam: Mit der richtigen Strategie lassen sie sich überwinden.

Professor Michael_E._Porter hat diese Barrieren in dem von ihm entwickelten Fünf-Kräfte-Modell, einer Branchenstrukturanalyse, beschrieben. Diese Barrieren setzen sich aus folgenden Faktoren zusammen; die meisten dieser Faktoren treffen eher nicht auf Übersetzer zu, sie werden jedoch der Vollständigkeit und Übersicht halber hier kurz erwähnt.

Technologie

  • Erfahrung und Wissen des Wettbewerbs
  • Forschungs- und Entwicklungsvorsprung des Wettbewerbs
  • „Lock-In”-Strategie, mit der Kunden an einen bestimmten Lieferanten gebunden werden (zum Beispiel Drucker und Kartuschen)

Ressourcen

  • Kapital und Kapitalbeschaffung
  • Personal

Rechtliche Aspekte

  • Vertragsbindung (Strafe bei vorzeitiger Kündigung etc.)
  • Gesetzliche Vorschriften
  • Patente
  • Marken- und Urheberschutz

Marktspezifische Aspekte

  • Logistik, Infrastruktur
  • Lieferanten
  • Vertrieb (Bindung von Vertriebspartnern an Wettbewerber)
  • Wettbewerb: starke Marktposition des Wettbewerbs

Ökologie

  • Bewilligungen und Genehmigungen
  • Natur- und Denkmalschutz
  • Umweltstandards

Soziale Faktoren

  • Emotionale Kundenbindung, die häufig das Ergebnis einer oder mehrerer effizienter Marketingkampagnen (Imagekampagne) sind. Das Verhältnis zwischen Kunde und Wettbewerber spielt eine große Rolle, besonders die Dauer und das entgegengebrachte Vertrauen.
  • Bestehende Verhaltensmuster der Zielkunden, die sich an Bekanntem orientieren und Neuem gegenüber skeptisch sind.

Übersetzer könnten mit dem Faktor Technologie konfrontiert sein, wenn der Wunschkunde ein größeres/großes Unternehmen ist, das zum Anlegen und zur Pflege von Terminologiedatenbanken oder anderen Ressourcen bestimmte Programme nutzt, die eventuell zunächst beschafft und erlernt werden müssten.

Der Faktor Ressourcen kann in Bezug auf Kapital und Kapitalbeschaffung zur Barriere werden, wenn die Markteintrittskosten (Ihre Kosten für Recherchen, an die neue Zielgruppe angepasste Marketingstrategien/-material, Akquise) unterschätzt wurden.

Der für den Markt spezifischen starken Bindung Ihres Wunschkunden an einen Wettbewerber können Sie mit einer gezielten, auf den Wunschkunden abgestimmten Strategie begegnen.

Die sozialen Aspekte stellen wahrscheinlich die am schwersten zu überwindende Barriere dar. Sie brauchen Geduld, Feingefühl und ein unwiderstehliches Angebot, um bestehende Verhaltensmuster und enge Beziehungen zwischen Ihrem Wunschkunden und einem Wettbewerber in Ihrem Sinne zu verändern. Konzentrieren Sie sich bei der Ausarbeitung dieses Angebots nicht zu stark auf den Preis, sondern auf das, was Sie vom Wettbewerb unterscheidet und den größten Vorteil für den Kunden darstellt.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Woche!